Kopfschmerzen
- Dr. med. Franjo Grotenhermen - Nachtschatten
- 7. Juli 2018
- 3 Min. Lesezeit
Hanf als Medizin - Ein praxisorientierter Ratgeber - Auszug aus Kapitel 5.4: Schmerzerkrankungen - Kopfschmerzen von Dr. med. Franjo Grotenhermen - NachtSchatten Verlag ISBN 978-3-03788-285-6
Ein möglich wichtiges Einsatzgebiet für Cannabisprodukte sind Migräne und andere Kopfschmerzformen, darunter auch Cluster-Kopfschmerzen, obwohl es zu diesem Thema noch keine klinische Forschung gibt. Migräne ist ein schwerer, oft halbseitiger Kopfschmerz, der Stunden und Tage andauern und von Sehstörungen, Übelkeit und Brechreiz begleitet sein kann. Bei vielen Migränepatienten macht sich der Anfall durch Vorboten, eine Aura, bemerkbar. Vor allem von Berichten aus dem 19. Jahrhundert wissen wir von der guten Wirksamkeit von Cannabis bei dieser Indikation, vor allem zur Kuppierung eines drohenden Anfalls. In einem Lehrbuch aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, aus dem Jahre 1922, von Professor Hobart Amory Hare, heisst es: "Vor der Einführung von Antipyrin und seinen Verwandten waren Gelsemium-Tinktur und die Tinktur oder der Extrakt von Cannabis unsere besten Arzneien für die Behandlung bei Migräne" (Hare 1992).
Ein Migränebetroffener schrieb in einer E-Mail: "Ich habe seit meiner Kindheit von Zeit zu Zeit ohne besondere Anzeichen einen Migräneanfall mit Aura. (...) Ich habe zum ersten Mal im Alöter von 18 Jahren Cannabis geraucht. Um zu schauen, ob dieser Entspannungszustand sich auch auf meine Migräne auswirkt, habe ich es dann auch geraucht, als sich eine starke Migräne-Attacke ankündigte. Nach dem dritten Zug bemerkte ich eine leichte Verbesserung im Bereich der Aura und des Flackerns, das die Tendenz hat, manchmal bis über das Ende des Kopfschmerzes hinaus zu bestehen. Bereits nach ungefähr einer Stunde (und einen Joint) bemerkte ich eine deutliche Abschwächung der Attacke. Anstatt mich in einem starken Migräneanfall von im Allgemeinen etwa 10-stündiger Dauer wiederzufinden, hat dieser nur ein paar Stunden gedauert. Was für ein Wunder! Da ich skeptisch veranlagt bin und nicht an Wunder glaube, habe ich versucht, die Erfahrung zu reproduzieren. Nach einigen Jahren kann ich nun sagen, dass die Intensität und Dauer meiner Anfälle durch Cannabis reduziert wird. Mittlerweile konsumiere ich regelmäßig am Ende des Tages Cannabis - meine Anfallshäufigkeit ist innerhalb eines Zeitraums von zwei bis drei Jahren um mehr als die Hälfte zurückgegangenen und bei einem Auslassversuch von sechs Monaten wieder angestiegen."
Eine Umfrage mit 139 Patienten, die an Cluster-Kopfschmerzen leiden, legt nahe, dass eine beachtliche Zahl von Menschen mit dieser Erkrankung von einer Behandlung mit Cannabis profitieren könnte (Leroux et al. 2013). Der Fragebogen wurde von Wissenschaftlern des Notfall-Kopfschmerzzentrums des Hôspital Lariboisière in Paris (Frankreich) verteilt und ausgewertet. 63 der 139 Teilnehmer (45,3 Prozent) hatten irgendwann in ihrem Leben Cannabis konsumiert. Von den 27 Patienten (19,4 Prozent der Gesamtgruppe), die Cannabis verwendet hatten, um Cluster-Kopfschmerzattacken zu behandeln, gaben 25,9 Prozent eine gewisse Wirksamkeit an, 51,8 Prozent berichteten von variablen oder unsicheren Wirkungen, während 22,3 Prozent negative Wirkungen angaben.
Nach einem Fallbericht von Wissenschaftlern des Montefiore-Kopfschmerzzentrums des Albert-Einstein-Kollges für Medizin in New York (USA) waren sowohl gerauchter Cannabis als auch orales Dronabinol (THC) wirksam bei der Behandlung von Cluster-Kopfschmerzen (Robbins et al. 2009). Ein 19-jähriger Universitätsstudent hatte ein zyklisches Muster von Attacken entwickelt, die vorhersehbar alle 1 bis 2 Monate auftraten und etwa zwei Wochen andauerten. Während dieser zweiwöchigen Cluster-Perioden erlebte er jeden zweiten Tag eine Attacke. Jede Kopfschmerzattacke dauerte unbehandelt drei bis vier Stunden. Es war eine Vielzahl von Medikamenten ausprobiert worden, um diesem Zustand vorzubeugen oder ihn zu behandeln, keiner hatte jedoch zu einer relevanten Verbesserung geführt. Der Patient hatte festgestellt, dass die Verwendung von Cannabis zu Beginn dieser Kopfschmerzen innerhalb von fünf Minuten nach der Inhalation konsistent zu einer vollständigen Linderung jeder Attacke führte. Im Krankenhaus wurde Cannabis durch THC ersetzt, was ebenfalls eine dramatische Linderung bewirkte.
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